Cobenzl Café-Restaurant : Schöne Aussichten !?

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Cafe-Restaurant Cobenzl
Cafe-Restaurant Cobenzl © stebo

Die wechselhafte Geschichte des Wiener Cobenzls: 1238 – 2017

Der Cobenzl (der laut urkundlicher Erwähnung aus 1238 eigentlich „Reysenperge“ heißt) hat eine wechselhafte Geschichte hinter sich. Zuerst betrieb das Stift Zwettel auf den Reisenberg-Hängen Weinbau. Darauf folgte das Stift Klosterneuburg, bevor alles an den Jesuitenorden ging. Die Jesuiten errichteten am Reisenberg als Erste zwei kleine Schlösschen – gedacht als Sommerfrische für die Ordensbrüder.

1776 erwarb Graf Johann Philipp Cobenzl den zum Verkauf stehenden Besitz des Jesuitenordens (dieser wurde vom Papst 1773 aufgelöst). Graf Cobenzl ließ die beiden Jesuiten-Schlösschen zu einem Schloss umbauen. Auch einen Garten und eine Meierei* ließ er errichten. Hier wurden unter anderem Milch, Käse und Schlagobers hergestellt – und in Wien verkauft. Ausflugsgebiet aber auch Lebensmittel-Produktionsstätte: die Bevölkerung nannte den Reisenberg fortan nunmehr „Cobenzl“. Ungewöhnlich war ja, dass Graf Cobenzl seinen Landwohnsitz der Öffentlichkeit zugänglich machte. Man konnte Eintrittskarten für den Besuch des Schlosses erwerben. Auch Wolfgang Amadeus Mozart zählte zu den illustren Gästen des Schlosses.

1809 wurden das Schloss, die Gärten und die Meierei von französischen Belagerern geplündert und verwüstet. Ein Jahr später starb Graf Cobenzl – mehrmals wechselte die Urkunde des Cobenzl daraufhin den Besitzer.

Baron Franz S. Pfaffenhofen erwarb den Cobenzl schließlich und ließ zahlreiche Obstgärten und Glashäuser errichten. Der vornehmen Gesellschaft diente das nunmehr vergrößerte Schloss als Hotel mit Billardsalons. Der Öffentlichkeit war das Areal aber nicht mehr zugänglich. Dennoch wurden ab 1831 auch Volksfeste auf dem Cobenzl-Anwesen veranstaltet. Johann Strauß Vater mit seiner Kapelle zählte wohl zu den bekanntesten Künstlern, die hier auftraten.

1835 kaufte Carl Freiherr von Reichenbach (Chemiker, Naturforscher, Industrieller) das Schloss. Reichenbach ist der Erfinder des Paraffins – ohne ihn wäre uns wohl noch länger kein erhellendes Licht aufgegangen! Unter Reichenbach wurde der Cobenzl zu einer Versuchsanstalt umgewandelt. Der „Zauberer vom Cobenzl“ wurde Reichenbach von den Wienern genannt – seine Experimente mit Mineralien, Meteoriten, Gesteinen und Magneten hatten sich bereits herumgesprochen. Als Reichenbach begann, mit Magneten an Epileptikern zu experimentieren (heilende Lebenskraft namens „Od“, abgeleitet vom nordischen Gott Odin) schwand sein Ruf zusehends und er vereinsamte.

Auch finanziell ging es Reichenbach nicht besonders gut – daraufhin verkaufte er 1855 das Areal an Johann Freiherr von Sothen um 130.000 Gulden. Sothen besaß einen kleinen Laden am Hofe – auch Spielkarten- und Losverkauf wurden dort betrieben sowie die Verlosung von Gebäuden und Grundstücken in der Lotterie. Vermutlich ging nicht alles ganz mit rechten Dingen zu – dennoch gelangte der aus bescheidenen bürgerlichen Verhältnissen stammende Sothen zu einem prächtigen Vermögen. Am Graben in Wien eröffnete er ein Bank- und Wechselhaus. Sothen ließ die Elisabethkapelle „Am Himmel“ erbauen (anlässlich der Hochzeit Kaiser Franz Josephs und Kaiserin Sisi 1854). Auch den Waldgasthof am „Krapfenwaldl“ kaufte und erneuerte Sothen. 1849 kam das Schloss Belle Vue (auf der dem Cobenzl vorgelagerten Bellvue-Höhe) in seinen Besitz. Sigmund Freud verbrachte hier einige Sommer – und soll hier 1895 seine entscheidenden Eingebungen zur Traumdeutung gehabt haben. Leider ist das ursprüngliche Schloss heute nicht mehr zu bewundern, da es längst zerstört wurde. Der Öffentlichkeit präsentierte sich Sothen als Wohltäter für Waisen-, Witwen- und Invalidenstiftungen – am Cobenzl war er allerdings als Ausbeuter seiner Landarbeiter bekannt. Das wurde ihm schließlich zum Verhängnis: 1881 brach eine große Typhusepidemie aus. Sothen verweigerte Hilfsmaßnahmen, dies kam bei seinen Leuten verständlicherweise nicht besonders gut an. Daraufhin wurde Sothen von seinem ehemaligen Förster Eduard Hüttler (den er zuvor wegen Lohnstreitigkeiten entlassen hatte) erschossen. Der mittlerweile verhasste Sothen wurde in der (von ihm in Auftrag gegebenen) Elisabethkapelle bestattet.

1887 wurde das Gebiet vom Konsortium der „Allgemeinen österreichisch-holländischen Baugesellschaft“ gekauft. Durch sie wurde das Schloss in ein nobles Hotelrestaurant umgebaut. Das Schloss bekam feine Speisesäle, einen maurischen Kaffeesalon, sogar einen Turnsaal, ein Bad und Fremdenzimmer wurden errichtet.

Doch der wirtschaftliche Erfolg blieb leider aus und so wurde alles 1907 an die Gemeinde Wien unter Bürgermeister Karl Lueger verkauft. Die Stadt Wien führte das Schlosshotel als Gutsbetrieb. Ackerbau, Milchwirtschaft und die Versorgung der Stadt waren das Hauptziel. 1912 wurde südlich des Schlosshotels ein Restaurant-Café gebaut. Als Ausflugsziel erfreute es sich großer Beliebtheit und brachte Aufschwung für den Cobenzl.

1927 wurden Schlosshotel und Restaurant-Café an Hans Hübner aus der Gastronomie-Dynastie Hübner verpachtet. 1937 wurde das Schlosshotel durch Hans Hübner und seinen Architekten Anton Potyka modernisiert. Während des Zweiten Weltkrieges diente das mittlerweile grün gestrichene Schlosshotel als Kommandostelle einer Flak-Division sowie als Lazarett mit angebauten Barracken. Später wurden Kriegsflüchtlinge im Schlosshotel untergebracht. Während der Besatzungszeit verfiel das Schlosshotel-Gebäude immer mehr. 1966 wurde das leer stehende und heruntergekommene Anwesen schließlich von der Stadt Wien abgerissen.

Das Restaurant-Café wurde von der Hübner-Familie auch nach dem Krieg als „Hübners Meierei Cobenzl“ weitergeführt. 1952 wurde dann der bis heute bestehende Cafépavillon errichtet. Damals hieß er „Hübners Bar und Cafépavillon“ und wurde nach den Plänen des Hübnerschen Hausarchitekten Potyka erbaut. Eben dieser Cafépavillon ist bis heute (2017) in Betrieb. Das Restaurant-Café hingegen wurde nur bis 1974 betrieben. Danach stand es leer und verfiel ebenso zunehmends. Der südliche Trakt brannte 1980 ab.

Das sollte aber nicht das Ende des Cobenzls sein. Der Unternehmer Olaf Auer ließ -aus eigenen Mitteln finanziert- die Brandruine samt Schloss neu aufbauen. Heute erinnert er sich daran, dass er Monate gebraucht habe, den ganzen Schutt wegzuräumen. In den 1980er Jahre wurde Olaf Auer, auch von den Medien, als der Retter des Cobenzls gefeiert. 1983 nahm er den Restaurant-Betrieb wieder auf. Die Stadt Wien schloss mit ihm einen unbefristeten Pachtvertrag ab. Kommerzialrat Olaf Auer hat, nach seinen eigenen Angaben, rund 2,5 Millionen Euro in das Cobenzl-Areal investiert. Viele Verfahren gegen die Stadt Wien gewonnen. 2012 jedoch meldete das Forstamt (Resort von Umweltstadträtin Ulli Sima) Eigenbedarf an. Die Stadt Wien kündigte Olaf Auers unbefristeten Pachtvertrag – das Pachtgeld wurde allerdings weiterhin kassiert. Auer ist der Meinung, es handle sich um Mobbing – dafür hat er auch einige sehr eindringliche und bildhafte Beispiele (Wie zB das Ablagern von Müll direkt vor seinem Café-Restaurant. Die Ausführenden gaben ihm nur zu verstehen, dass es eine „Anweisung von ganz oben“ gewesen sei. Zudem sind Auers Kunden verunsichert, durch einseitige Berichterstattung in den Medien seien viele Kunden ausgeblieben, haben Feiern und Events vorsichtshalber abgesagt – geschäftsschädigend ist da noch harmlos formuliert. Die Stadt Wien wiederum ist unzufrieden mit ihrem Pächter: das Schloss sei nicht mehr zeitgemäß. Man wolle allerdings den Gastronomiebetrieb weiterführen. Das Schloss soll auf den neuesten Stand der Technik gebracht werden. Modernisiert, touristenfreundlicher gemacht werden. Zudem sei eine Zusammenarbeit mit dem städtischen Weingut Cobenzl angedacht… Die Zukunft des Schlosses liegt im Ungewissen. Es sei auch erwähnt, dass sich ins Gästebuch im altehrwürdigen Schloss in den vergangenen Jahrzehnten Persönlichkeiten wie Queen Elizabetz II., John F. Kennedy, Sir Elton John, Kofi Annan oder die Backstreet Boys eingetragen haben.

Olaf Auers Berufung gegen die Räumungsklage der Stadt aus 2015 wurde im Dezember 2016 am Obersten Gerichtshof abgewiesen. Auer hatte das Gebäude bis Jahresende zu verlassen. Aber Olaf Auer beschloss zu bleiben. Er will sich sein Lebenswerk nicht einfach so wegnehmen lassen – auch den Wienern nicht und schon gar nicht seinen 25 Mitarbeitern. Auer versucht, mit den zuständigen Politikern zu reden – leider meist ein eher einseitiges Unterfangen. Im Jänner wurde nun die Exekution angemeldet. Und vermutlich im März sollen das Schloss und das Restaurant am Wiener Cobezl nun endgültig zwangsgeräumt werden.

Ulli Sima hat auch schon Pläne für das Ausflugslokal: es soll modernisiert und neu vergeben werden. Es wird ein EU-Ausschreibungsverfahren geben, auf der Suche nach einem neuen Pächter. Aber auch der Abriss der Immobilie ist -leider- mittlerweile eine Option. Olaf Auer „tut das wirklich weh“ – und einem Wiener Kindl wie mir, die ich gerne einen Ausflug auf den Cobenzl mache und dann im Café-Restaurant einkehre, auch. Wie erkläre ich meiner 88-jährigen, vergesslichen Oma, dass wir da keine Melange mehr trinken können? Oder einen Cobenzl-Toast essen? Wo fährt meine Frau Mama auf einen Sonntagskaffee hin? Von der romantischen, heißen Schokolade mit meinem Freund ganz zu schweigen. Ulli Sima wünscht sich eine Zwischenlösung, bis es einen Vertrag mit einem neuen Pächter gäbe.

„Pop-up-Café“ (O-Ton Sima) ist da zu hören. Ganz ehrlich, Pop-up war was Neues. Schön und gut. Aber nun einmal ganz ehrlich: ein „Pop-up-Café“ auf einem Berg, dessen Geschichte 1238 begann, ist das wirklich notwendig? Oder wäre es nicht einfach schön, im zirkusmanegenartigen Rund des altehrwürdigen Cafés gemütlich auf mit Stoff überzogenen Bänken zu sitzen, unter dem riesigen grünen Ficus, und nostalgisch durch die alten Glasscheiben auf die immer moderner werdende Stadt zu blicken? In der Hand eine Tasse Wiener Melange und einen Krapfen. Anstatt einen pappigen Coffee-to-go-Becher in die Hand gedrückt zu bekommen und das Gefühl zu haben, dass man das Pop-up-Café schon hätte verlassen sollen, bevor man es überhaupt betreten hat? Ich bin selbst so glaube ich doch noch eine recht „junge Wienerin“, aber das mit Herz und Seele. Und meiner Seel‘ tuts weh‘, wenn ein solch historischer Ort einfach nicht mehr sein darf… Ich werde abwarten, Kaffee trinken, plauschen und die Aussicht genießen – und das, so lange wie es nur geht, im urigen Café-Restaurant Cobenzl, bei Kommerzialrat Olaf Auer!

*Meierei, landwirtschaftliches Pachtgut, siehe Meierhof: Als Meierhof (Meierei, Meyerhof, von lateinisch maiores villae, auch Sedelhof oder Fronhof) wird ein Bauerngehöft oder -gebäude benannt, in dem in seiner Geschichte einmal der Verwalter (der Meier) eines adligen oder geistlichen Gutshofes gelebt hat.

6 Kommentare

  1. Das ist wieder typisch Stadt Wien! Vielleicht eine Filiale eines Systembäckers in einen kahlen Glaskobel setzen, oder das Forstamt macht sein Büro am Cobenzl auf. Dazu passt auch das „Michaelium“ – ein Winzertempel zum Wein Verkosten mit Blick auf Wien. He, wacht auf! Sind wir in Peking wo alte Gebäude abgerissen werden und durch moderne, aber gesichtslos hässliche Neubauten ersetzt werden? Retro ist in! Wo bleiben die beamteten Kreativsepperln, haben die auch gute Ideen? Sie fördern alle möglichen Kulturvorhaben, Vereine mit höchst eigenartigen Vereinszielen werden gesponsert. Hier ist ein Stück Wiener Stadtkultur, zugegeben etwas in die Jahre gekommen, aber höchst liebenswert. Der Cobenzl braucht Hilfe, aber keine Totalvernichtung.

    • Liebe(r) ken, so true, ich kann mich deinen Worten nur anschließen: „Der COBENZL BRAUCHT HILFE, keine Totalvernichtung!“ – alt, retro, liebevoll, mit viel Charme, so ist es dort – und so hätten es -wie man hört- viele Wienerinnen- und Wiener aber auch die Ausflügler der Umgebung noch länger gerne… Besorgte Grüße 3:) stebo

  2. Ja, die Restaurants auf Wiens Hausbergen sind sowieso ein Problemthema. Was ist los auf dem Leopoldsberg? Alles geschlossen und am Abend „sehr entrisch“. Auf dem Bisamberg gibt es auch Probleme. Reiches, armes Wien!

    • Liebe(r) ken, ja, du hast Recht – viele Wiener Hausberge haben ein „Lokalitäten-Problem“, und der Leopoldsberg ist überhaupt sehr ‚entrisch‘, wie du richtig sagst. Was der Heilige Leopold wohl dazu sagen würde… Er wäre bestimmt nicht entzückt gewesen :-/ LG 3:) stebo

  3. Am 14.März 2017 wurde also medienwirksam der Cobenzl geräumt. Wenn ich dann in der Zeitung von „Überprüfung der Statik“ des Cafes lese, muss ich kein Prophet sein,um zu erraten, wie es weitergehen wird!

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